Aktuell wird von der Hafenverwaltung Stettin und Swinemünde der Bau
eines Tiefwasser-Container-Terminals innerhalb des Natura-2000-Gebiets geplant,
der irreversible Folgen für Umwelt und Tourismus entlang der gesamten
Pommerschen Bucht haben wird.
Eine europäische Petition (2018) gegen das Projekt seitens der BI ‚Rechtes Ufer‘ in Swinemünde hat bisher keine Früchte getragen.
Eine weitere Petition von deutscher Seite ist
gerade von der Bürgeriniative ‚Lebensraum Vorpommern‘ bei der EU eingereicht
worden, um auf die geplanten Verletzungen von europäischen Umweltstandards auf Wollin
aufmerksam zu machen.
Wir fordern alle Usedomer auf, unsere polnischen Mitstreiter des Swinemünder Stadtteils Warszow in ihrem Widerstand gegen den Bau eines Container-Terminals im Bereich des europäischen ‚Natura 2000‘-Schutzgebietzes zu unterstützen.
Mit einer Unterschriftenaktion wollen wir bei der Regierung MV erreichen, dass sie sich dieses Problems annimmt. Eine weitere Petition an die Bundeskanzlerin und den Europaminister wird in den nächsten Tagen über Campact eingereicht.
Foto Container Terminal: Hafenverwaltung Port Szczecin und Świnoujście S.A.
Das
vom geplanten Projekt abgedeckte Gebiet (ca. 600 ha) auf Wollin umfasst seeseitig
und landseitig Natura-2000-Schutzgenbiete. Das betroffene Gebiet besteht aus einem
zwei Kilometer langen Strand, Fischlaichgebiete, Dünen, Wald, Flora und Fauna,
die ein heute intaktes Ökosystem bilden, welches unter die EU-Natura-2000-Habitat-Richtlinie
und Vogelschutz-Richtlinie fällt.
Es bestehen massive Bedenken hinsichtlich der
Durchführung einer angemessenen UVP durch die zuständigen polnischen Behörden,
da die polnische Regierung ein Sondergesetz erlassen hat , dass
Investitionen in externe Ostseehäfen – auch auf Kosten einer sorgfältigen UVP –
erleichtern
und beschleunigen soll, indem Bescheide innerhalb von nur drei Wochen erfolgen
sollen.
Der Containerhafen wird überdies eine deutliche Steigerung des LKW-Verkehr mit allen seinen bekannten negativen Umweltbelastungen nach sich ziehen. Durch den Neubau des Swinetunnels könnte ein Teil des Schwerverkehrs sich auch auf die deutsche Seite verlagern.
Die
Belastung der Pommerschen Bucht zusätzlich durch Containerschiffe der
Mega-Klasse ist als gravierend anzusehen. Diese Schiffe fahren mit Schweröl und
belasten die Umgebung neben Kohlendioxyd vor allem mit Stick- und
Schwefeloxyden, Feinstaub und Russ.
Die
Bevölkerung vor Ort und in den benachbarten deutschen touristischen Seebädern
ist darüber hinaus aufgrund einer Konzentration potenziell gefährlicher Anlagen
in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnorte um ihre Sicherheit besorgt. Die Bewohner
der Insel Usedom und Wollin haben Sorge, dass der Bau des Container-Terminals,
in dem alle Arten von Waren, einschließlich brennbarer und explosiver
Materialien, umgeladen werden sollen, ein höheres Risiko und eine höhere Gefahr
für ihr Leben und ihre Gesundheit mit sich bringen wird.
Ein Seeheilbad braucht ein wirksames Instrument, um Lärm begrenzen zu können
Motivation
Lärm schränkt
die Lebensqualität vieler Menschen erheblich ein. Hauptursachen sind
Kraftfahrzeuge, Eisenbahnen, Flugzeuge, aber auch Industrie- und
Gewerbeanlagen, aber eine wichtige Rolle spielt auch der Freizeit- und
Nachbarschaftslärm.
Hohe
Lärmbelastungen verursachen nicht nur Störungen und Belästigungen, sie können
auch zu relevanten Gesundheitsrisiken vor allem für das Herz-Kreislauf-System
führen.
Beispiel: Kommerzialisierung der
Erholungszonen
Die zunehmende
Lärm-Belastung der Kur- und Erholungszone in den Kaiserbädern, nicht nur durch
den starken KFZ-Verkehr, sondern auch eine Vielzahl von täglichen Events und
Musikveranstaltungen, ist ein ernstzunehmendes Problem, das bereits auf großes
Missfallen bei den Gästen und Einwohnern gestoßen ist.
Silvester
In den letzten
Jahren steigerte sich z.B. die Party-Aktivitäten zu Silvester
von 3 auf 6 Tage, von Abendveranstaltungen zu ganztägigen Events.
Die Silvesterparties 2018 dauerten fünf
Tage lang in den mehreren Festzelten am Strand mit einer Beschallung von
vormittags bis in die späten Abendstunden.
Silvester 2019 waren es sogar 6 Tage am
Strand in Bansin und Ahlbeck, an einigen Tagen bis weit nach Mitternacht.
An Ruhe und
Erholung am Meer war in diesen Tagen nicht zu denken.
Die zunehmende
Ausweitung des Party- und Eventbetriebs am Strand steht im krassen Widerspruch
zu einem Tourismus-Konzept, das auf Ruhe und Erholung setzt. Einem
Massentourismus á la „Ballermann“ muss eine klare Absage erteilt werden.
Eigenbetrieb
und die Gemeinde können das Problem nur mit einer Lärmschutzverordnung in den
Griff bekommen, mit klaren Regeln für eine zu definierende Kurzone (s. z.B.
Lärmschutzverordnungen der ostfriesischen Inseln)
Qualitätsstandards für See-Heilbäder
(Auszug aus der DTV / DHV -Broschüre, 2005)
Vorrang für
Emissions-Vermeidung
Nach den allgemein anerkannten
Prinzipien des Umwelt- und Naturschutzes ist in allen Heilbädern und Kurorten,
Luftkurorten und Erholungsorten der Vermeidung von Schadstoff-Emissionen
Priorität einzuräumen. Dies gilt insbesondere für den Kraftfahrzeugverkehr,
der neben dem Hausbrand den höchsten Anteil und die gefährlichste Fraktion der
anthropogenen Luftschadstoffe emittiert. Deshalb sind die Heilbäder und
Kurorte, Luftkurorte und Erholungsorte gehalten, den Ort durch geeignete
mittel- und langfristige Verkehrswegeplanung und Verkehrslenkung vom
motorisierten Straßenverkehr zu entlasten.
Lärmschutz
(1) Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Lärmimmissionen
auf Grund einer entsprechenden Bauleitplanung und anderer gemeinderechtlicher,
wie übergeordneter immissionsschutzrechtlicher Vorschriften (gegebenenfalls
auch in analoger Anwendung) zum Wohl der Patienten und Erholungsgäste auf ein
verträgliches Mindestmaß beschränkt werden. Dies betrifft vor allem
normalen Alltagslärm, Lärm durch Gewerbebetriebe und Baulärm. Im Kurgebiet
sind besondere Vorkehrungen zu treffen, um die Mittags- und Nachtruhe der
Kurgäste zu gewährleisten. Die Gemeinde hat bei Beschaffungen darauf zu
achten, dass Geräte und Fahrzeuge dem neuesten Stand der Lärmschutztechnik
entsprechen. Durch Nach- und Umrüstungen sind im Sinne eines ständigen
Verbesserungsprozesses alle Möglichkeiten moderner Lärmschutztechnik zu nutzen.
(2) Mit Lärm verbundene
Veranstaltungen sind dem Ruhebedürfnis der Gäste unterzuordnen.
Grundlage ist hier
das Gesetz über die Anerkennung als Tourismusort und Erholungsgebiet in
Mecklenburg-Vorpommern (Kurortgesetz).
Leider fehlt
dem aktuellen Tourismuskonzept Kaiserbäder ein klares Bekenntnis zum
Lärmschutz, Klimaschutz und nachhaltiger Mobilität.
Lärmschutzverordnung
Viele Kur- und
Heilbäder haben sich eine Lärmschutzverordnung gegeben, die den Rahmen, den das
Bundes-Immissionsschutzgesetz, die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung
des Bundes und die MV-Freizeitlärmrichtlinie vorgeben, für die Gemeinde
ausgestalten.
Was kann man
regeln?
Geltungsbereich festlegen: Kurzone
(sensibler Bereich) und das restliche Gemeindegebiet können unterschiedlich
geregelt werden.
Lärm-Grenzwerte für die Kurzone in der
Mittagszeit und nachts
Einzuschränkende
Lärmquellen:
Baulärm (saisonale Beschränkungen)
Verkehrslärm (Einfahrverbote)
Hausarbeiten, Gartenarbeiten (Ruhezeiten)
Veranstaltungen (Musikveranstaltungen, Jahrmärkte, Motorsport auf der Ostsee im Badebereich, Ton- und Musikquellen (Ghettoblaster, etc.), Feuerwerke, etc.
Vorteile
einer Lärmschutzverordnung
Erhöhte Urlaubsqualität
Schutz der Erholungssuchenden
Ungestörter Genuss des Naturparks Usedom
Lärmschutz, Klimaschutz und nachhaltige
Mobilität als herausragender Markenwert
Vorschläge für ein Verkehrskonzept der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf
Wie dringend ein solches Verkehrskonzept ist, hat sich mal wieder in der letzten Sitzung des TOV-Ausschusses gezeigt: Der Vorschlag der Verwaltung für einen verkehrsberuhigten Bereich am Ende der Delbrückstrasse wurde abgelehnt. (OZ vom 18.07.20)
Motivation
Leitmotiv:
Das eigene Auto sollte es für die Dauer
des Urlaubs nicht mehr benutzt werden müssen!
Der massive
touristische aber auch gewerbliche Individualverkehr in der Gemeinde
Heringsdorf mindert dramatisch die Erholungsqualität im Seeheilbad. Die
Auswirkungen auf die Luftverschmutzung, Lärmbelästigung und Mobilität sind
inzwischen gravierend.
Eine klare
Strategie und die Ausarbeitung eines Konzeptes zur Vermeidung von
Individualverkehr sind nötig, um diesen negativen Auswirkungen
entgegenzusteuern.
Dieser
Verkehrsinfarkt ist nicht nur ein Problem dieser Gemeinde, sondern der ganzen
Insel. Aber jede Gemeinde kann ihren Teil zu einer Gesamtlösung beitragen.
Brennpunkte:
Regelmäßiger Verkehrskollaps:
Anreisetage
Großveranstaltungen
Kein Strandwetter
Lokaler Grenzverkehr
Eine
Zusammenarbeit mit Swinemünde ist zu diesem Thema zwingend notwendig.
Um den Urlauber
dazu zu bewegen, auf sein Auto zu verzichten sind eine Reihe von Maßnahmen
nötig, die sowohl ein attraktives Angebot für ihn enthalten, also auch den
sanften Zwang, sein Verhalten zu ändern.
Markenwert ‚Autofrei‘ etablieren!
Maßnahmen:
Durchgehendes touristisches Mobilitätskonzept:
Umstieg von Flugzeug und Bahn auf umweltfreundliche Transportmittel (eShuttle, eCar, eBike, Fahrrad-Kutschen, etc.)
Verkehrsleitsystem, Alternativrouten, Umstieg auf andere Verkehrsmittel
Sammelparkplätze am Ortsrand mit eShuttle zum Hotel und FeWo
eShuttle-Service (Kleinbusse) zu allen touristischen Attraktionen
eCar-Sharing-Angebote, eBike-Verleih im ganzen Ort
Kostenlose Nutzung mit der Kurkarte
Verkehrsberuhigung durch dedizierte Verkehrsführung vor Ort
Begrenzung und Regelung der Zufahrtskapazitäten (Dynamisches Verkehrslenkungssystem)
Konsequente Unterbindung von Schleichwegen (parallel zur Hauptstraße)
Leistungsfähiges Fahrradwegenetz (z.B. Fahrradstraßen, Öffnung der Einbahnstraßen für den Fahrradverkehr)
Einrichtung von verkehrsfreien Zonen (Fußgängerzonen für die touristischen Hotspots)
Tonnagebeschränkungen für LKWs
Bessere Kennzeichnung und Kontrolle der 30er-Bereiche
Verstetigung des Verkehrs auf Bundes- und Landesstrasse (Grüne Welle)
Keine bedarfsabhängigen Ampeln
Kreuzungsfreie Querungen für Fußgänger und Radfahrer
Elektronisches Parkleitsystem
Umstellung der gewerblichen Fahrzeuge und Busse (UBB, Zulieferer, Dienstleister, Handwerksbetriebe) auf elektrische Fahrzeuge
Kaiserbäderbahn fährt elektrisch
Kommunale Fahrzeuge fahren elektrisch
Beispiele autofreier Urlaubsinseln in
Deutschland:
Im Namen vieler
Usedomer möchten wir auf die zunehmende Industrialisierung in Swinemünde
aufmerksam machen, die unsere Naturlandschaft an der Pommerschen Bucht und
einen umweltbewussten Tourismus massiv gefährdet. Der kontinuierliche Ausbau
des Swinemünder Hafens auf Wolin zu einem großem Industriehafen zerstört die
schützenswerte Flora und Fauna an dieser Ostseeküste.
Wir fordern
alle Usedomer auf, unsere polnischen Mitstreiter in Warszow in ihrem Widerstand
gegen den Bau eines Container-Terminals im Bereich des europäischen ‚Natura
2000‘-Schutzgebietzes zu unterstützen.
Blaue Fläche: Geplantes Container Terminal Wollin
Eine europäische Petition gegen das Projekt seitens
der BI ‚Rechtes Ufer‘ in Swinemünde hat bisher keine Früchte getragen.
Eine weitere Petition von deutscher Seite
sollte auf die geplanten Verletzungen von europäischen Umweltstandards auf
Wolin aufmerksam machen.
Laut der
Ausschreibung der Hafenverwaltung von Stettin und der Hafenbehörde von
Swinemünde wird das Container-Terminal auf Wolin eine Fläche von ca. 400 ha,
davon mind. 1,5 km Strand umfassen. Der vorgeschlagene Standort liegt im
europäischen Natura-2000-Schutzgebiet in der Pommerschen Bucht. Dieses Gebiet, zusammen
mit Dünen, Wald, Flora und Fauna, bilden ein Ökosystem, das unter dem Schutz
des Europäischen Ökologischen Netzwerks Natura 2000 steht.
Der Hauptzweck des Betriebs des Europäischen Ökologischen Netzwerks Natura 2000 besteht darin, bestimmte Arten in natürlichen Lebensräumen zu erhalten, die in großem Umfang als wertvoll und bedroht gelten. Ein weiteres wichtiges Ziel ist der Schutz der biologischen Vielfalt. Zwei EU-Richtlinien sind definiert: die Vogelschutzrichtlinie und die Habitatrichtlinie:
• Die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2009/147 / EG vom 30. November 2009 zur Erhaltung von Wildvögeln – ehemals Richtlinie 79 des Rates / 409 / EWG vom 2. April 1979 über die Erhaltung von Wildvögeln) – definiert die Kriterien für die Ausweisung von Schutzgebieten für vom Aussterben bedrohte Vogelarten;
• Die Habitatrichtlinie
(Richtlinie 92/43 / EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zum Schutz
natürlicher Lebensräume und wildlebender Tiere und / oder) – legt die
Regeln für den Schutz anderer Tierarten sowie von Pflanzen und
natürlichen Lebensräumen sowie Verfahren zum Schutz von Gebieten mit
besonderer Bedeutung für die den Schutz der Natur fest.
Natura 2000 Schutzgebiet Wollin
Fakten Container-Terminal:
Das Terminal
besteht auf der Seeseite aus einem 1400 m langen und 505 m breiten Pier (70
ha). Dieselbe Fläche wird an Land für die nötige Infrastruktur (Anfahrtswege,
Parkplätze, Depots, Gleisanlage) benötigt.
Damit der Pier
von den großen Containerschiffen problemlos angefahren werden kann, ist eine
Meerwasserspur mit einer Breite von ca. 1300 m vorgesehen, incl. Tiefwasseranflugspur,
– Wellenbrecher, – Drehkreuz, – Hafenbecken und Umschlagkai.
Das Containerterminal ermöglicht den gleichzeitigen Betrieb von zwei 400-Meter-Einheiten und einer 200-Meter-Einheit. Das Terminal kann die größten Schiffe aufnehmen, die derzeit über die Ostsee fahren können. Die Kapazität des Terminals wird mit 1,5, Mill. TEU (Twenty-foot Equivalent Unit) pro Jahr angegeben.
Die Kapazität
des Terminals wird mit 1,5, Mill. TEU (Twenty-foot Equivalent Unit) pro Jahr
angegeben.
Das Tiefenwasser-Becken
benötigt einen Tiefgang von 13,5 m (begrenzt durch die Erdgas Pipeline
Nordstream I)
Planzeichung Container Terminal Wollin mit Infrastruktur
Die
polnische Regierung hat ein Gesetz erlassen, dass Investitionen in externe
Ostseehäfen erleichtern soll.
Die
Europäische Kommission sieht die Bestimmungen dieses Gesetzes möglicherweise als
Verstoß gegen Art. 11 Absatz 1 der
Richtlinie 2011/92 / EU (UVP) an und prüft, ob es unter das laufende
Vertragsverletzungsverfahren 2016/2046 (wegen Nichtumsetzung der
Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen
und privaten Projekten in acht Fällen) werden kann.
Gasförderung
auf Wolin
Neben dem
Container-Terminal ist auf Wolin im europäischen Schutzgebiet ‚Natura 2000‘
auch eine Raffinerie zur Gasförderung eines großen Gasvorkommens vor Wolin in
Planung, der weitere 4 ha Wald geopfert werden müssten.
Die Kanadische
Firma CEP (Central European Petroleum) ist derzeit dabei, die Voraussetzungen
für eine Förderung zu schaffen.
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Kommunalparlamente müssen wieder öffentlich tagen!
Unsere Eingaben bei der Kommunalaufsicht, beim Landrat und dem Innenministerium haben offensichtlich Wirkung gezeigt. Am 28.04.2020 hat der Innenminister bekannt gegeben, dass die Ausnahmegenehmigung zum Umlaufverfahren am 19.4. ausgelaufen ist und die Selbstverwaltungsorgane der Kommunen unter Einhaltung der Hygieneregeln wieder öffentlich tagen dürfen.
Nach den geltenden Verordnungen ist es erlaubt, Präsenzsitzungen der kommunalen Selbstverwaltungsorgane unter den gegebenen Sicherheitsauflagen abzuhalten.
„‘Es ist nicht die Bürgermeisterin, sondern das
Infektionsschutzgesetz mit den Verordnungen der Landesregierung, die die
‚gemeindliche Selbstverwaltung in Quarantäne versetzt‘ haben‘, so die
Bürgermeisterin, die auf die Kommunalaufsicht verweist“
Wir haben mal nachgefragt und recherchiert:
Hr. Jörg Hochheim, Leiter
der Kommunalabteilung bei Ministerium für Inneres und Europa des Landes
Mecklenburg-Vorpommern, sagt dazu ganz
eindeutig, dass Präsenzsitzungen der kommunalen
Selbstverwaltungsorgane unter den gegebenen Sicherheitsauflagen abgehalten
werden können.
„§ 6 Absatz 1 Satz 1 SARS-CoV-2-BekämpfV bestimmt, dass öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen, Ansammlungen und Versammlungen untersagt sind, soweit die folgenden Absätze nichts anderes bestimmen. In § 6 Absatz 6 der Verordnung ist geregelt, dass das Selbstorganisationsrecht des Landtags und der kommunalen Vertretungskörperschaften und sonstiger Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts… unberührt bleibt. § 5a Absatz 1 Satz 1 der SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung Mecklenburg-Vorpommern wahrt in Verbindung mit § 6 Absatz 6 daher die kommunale Selbstverwaltung und legt die Entscheidung über die absolute Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit von Sitzungen in das alleinige Ermessen der jeweiligen kommunalen Vertretungskörperschaft selbst. Die kommunale Selbstverwaltung in Bezug auf § 5a Absatz 1 Satz 1 SARS-CoV-2-findet allerdings ihre Grenzen in der in den § 5a Absatz 1 Satz 2 und 3 SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung geregelten Verpflichtung, die Hygieneempfehlungen sowohl des Robert-Koch-Instituts als auch des LAGuS M-V, einschließlich der Einhaltung des Abstandes zwischen den an den Sitzungen teilnehmenden Personen von mindestens 2 Metern, einzuhalten.“ „Das Umlaufverfahren ist ja nicht als Sitzungsersatz gedacht, sondern als in Corona-Zeiten sinnvolle Ergänzung, um einerseits unnötige Sitzungen zu vermeiden und andererseits wichtige Angelegenheiten nicht ausschließlich vom Bürgermeister/Landrat im Rahmen von Dringlichkeitsentscheidungen entscheiden lassen zu müssen.“ (Quelle: Facebook vom 19.4.20)
Klaus-Michael Glaser, Städte- und Gemeindetag, Referat III: Rechtsangelegenheiten, Ordnung und Sicherheit, E-Government, hält die Weisung des Landkreises für rechtswidrig und verweist auf den Widerspruch zu § 8 Absatz 6 der Anti-Corona-VO MV:
Das
Selbstorganisationsrecht des Landtags und der kommunalen
Vertretungskörperschaften und sonstiger Körperschaften, Stiftungen und
Anstalten des öffentlichen Rechts sowie die Tätigkeit der Gerichte bleiben unberührt.
Es besteht aber bereits jetzt nach Auffassung des Städte- und Gemeindetages die Möglichkeit, Sitzungen der gemeindlichen Gremien unter Einhaltung der hygienischen Bestimmungen und der Mindestabstände jederzeit durchzuführen unter Bezug auf den bereits genannten § 8 Absatz 6 der Anti-Corona-VO MV. (Quelle: Auskunft an Jürgen Merkle, GV)
Axel Vogt,
RA und BM in Lubmin, lässt die
Gemeindevertretung und die Ausschüsse weiter tagen, natürlich unter den
gegebenen Sicherheitsauflagen. Öffentlichkeit ist nur insoweit eingeschränkt,
dass es nur begrenzte Plätze für Zuhörer gibt.
„Lubmin hat dem Umlaufverfahren nicht zugestimmt. Die Kommunalverfassung MV enthält keine Ermächtigungsgrundlage, um unter den Normen des Standarderprobungsgesetzes solche Beschlüsse zuzulassen. Das Gesetz selbst enthält keine Öffnungsklausel und es verfolgt eine völlig andere Zielrichtung. Der richtige Weg wäre eine Änderung der Kommunalverfassung durch den Landtag MV. Da Sitzungen der kommunalen Vertretungskörperschaften zurzeit nicht ausgeschlossen sind, können diese im Rahmen des Notwendigen und unter Beachtung aller Infektionsschutzvorschriften weiterhin stattfinden. Im Mai tagt bei uns der Haupt- und Finanzausschuss und wir haben im Industriehafen Lubmin eine Versammlung des Zweckverbandes.“ (Quelle: Facebook vom 21.4.20)
Alle Selbstverwaltungsgremien der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf sind stillgelegt.
Wir machen uns Sorgen um die
Gemeinde, deren politische Gremien z.Zt. in Quarantäne geschickt sind.
Da Sitzungen der GV, HA und der
beratenden Ausschüsse von der BM Frau Marisken abgesagt sind, handelt die BM
und ihre Verwaltung praktisch ohne demokratische Kontrolle.
Verschärft wird die Situation
dadurch, dass die BM die GVs und die Öffentlichkeit nicht über die Arbeit der
Verwaltung informiert.
Die BM und auch der
GV-Vorsitzende Hr. Saupe haben es bisher nicht für nötig befunden, Sitzungen
mit genügenden Sicherheitsabständen zu organisieren oder ersatzweise
ausreichende Kommunikationsstrukturen (z.B. Videokonferenzen) aufzusetzen, um die
notwendige politische Willensbildung zu ermöglichen.
Das Einzige was stattfinden
soll, sind Umlaufverfahren, die bekanntermaßen kein geeignetes Instrument zur
politischen Willensbildung sind.
In diesen Verfahren stimmen
die GVs auf der Basis von Email-Vorlagen, ohne einen direkten Dialog mit der
Verwaltung und ohne gemeinsame Erörterung ab.
Ein komplettes Lahmlegen der
gemeindlichen Selbstverwaltung ist selbst unter den derzeitigen Einschränkungen
durch die Pandemie unangemessen und völlig überzogen.
Wir rufen die BM, Frau
Marisken, und den GV-Vorsitzenden Hrn. Saupe auf, die Quarantäne der Demokratie
zu beenden und die GV, HA und weitere wichtige Ausschüsse wieder tagen zu
lassen, sowie die Öffentlichkeit regelmäßig zu informieren.
Anlässlich der anstehenden Abstimmung der
Gemeindevertretung über die von BM Fr. Marisken beantragten Änderungen der
Kurabgabensatzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf, stellen wir fest:
Die aktuelle, seit 26.2.19 existierende Kurabgabensatzung
der Gemeinde und ihre gelebte Praxis bittet die Verwandten 1. Grades der
Einheimischen nur dann zur Kasse, wenn sie die Kureinrichtungen der Gemeinde
nutzen (Einzelprüfung).
Das OVG Greifwald hat diese Praxis in seinem Urteil vom
Oktober 2019 vollumfänglich gutgeheißen.
ULV-Kommentar:
Warum also dann die Kurabgabensatzung in diesem Punkt ändern?
Warum so viel Gemeindegeld für eine Anwaltskanzlei ausgeben, wenn die Gemeinde
bereits eine in diesem Punkt rechtskonforme Kurabgabensatzung hat?
Wir erinnern uns, Fr. Marisken hat bei vielen Einwohnern
die Hoffnung geweckt, die Verwandten 1. Grades von der Kurabgabepflicht
befreien zu können. Sie braucht also eine Kurabgabensatzung, die ihre
Handschrift tragen muss.
Ihre vorgeschlagene Änderung ist aber
überflüssig
und teuer
rechtlich
problematisch, weil ihr Änderungsvorschlag den Prinzipien des KAG hinsichtlich
generell erlaubter Befreiungen und dem Urteil des OVG hinsichtlich Einzelfallprüfung
nicht folgt (s. letzten ULV-Beitrag)
So stiftet man keinen politischen Frieden in dieser Gemeinde!
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Familienangehörige in den Kaiserbädern jetzt befreit von der Kurtaxe? Ist die neue Regelung rechtssicher?
ULV-Kommentar vom 22.02.2020
Eine explizite
Befreiung von Familienangehörigen 1. Grades aus sozialen Gründen ist nach dem neuesten
Urteil des OVG vom 21.10.2019 ausgeschlossen.
In der
Urteilbegründung des OVG-Urteils vom 21.10.2019 findet man aber zum Thema
Familienangehörige folgenden interessanten Hinweis:
Der Senat verkennt
allerdings nicht, dass die unwirksame Befreiungsvorschrift (für
Familienangehörige 1. Grades) Ausdruck eines konkreten Regelungsbedürfnisses
der Gemeinde ist.
Er sieht sich deshalb zu
dem Hinweis veranlasst, dass nicht jeder Besuch von Familienmitgliedern im
Erhebungsgebiet die Kurabgabepflicht auslöst. Zwar schränkt der Wortlaut des §
11 Abs. 2 Satz 1 KAG MV das Tatbestandmerkmal des Aufhaltens nicht ausdrücklich
dahingehend ein, dass der Aufenthalt zu Kur- oder Erholungszwecken erfolgen
muss (wie zum Beispiel in Art. 7 Abs.2 Satz 1 BayKAG).
Nach dem Gesetzeswortlaut
ist ein Aufenthalt mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Kureinrichtungen
ausreichend. Aus dem Gesetzeszusammenhang (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 11
Abs. 3 Satz 1 KAG M-V) ergibt sich jedoch, dass bei Bestimmung dessen, was „Aufhalten“
im Sinne der Vorschrift ist, auf ein finales Element („zu Erholungszwecken“)
nicht völlig verzichtet werden kann, auch wenn es sich dabei nicht um den
einzigen Aufenthaltszweck handeln muss (vgl. Holz in: Aussprung/Siemers/Holz,
Kommunalabgabengesetz M-V, Stand März 2019, § 11 Ziff.2.2.2).
Ob sich ein Aufenthalt bei Verwandten in einem Kur- oder Erholungsort nochausschließlich als Familienbesuch oder auch schon als (kurabgabepflichtiger) Aufenthalt zu Erholungszwecken darstellt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind unter anderem Anlass und Dauer des Aufenthalts sowie die tatsächlicheInanspruchnahme von
gemeindlichen Kureinrichtungen zu berücksichtigen.
Die von der BM,
Fr. Marisken, beauftragte Leipziger Kanzlei Röber & Hess zieht aus dem
obigen Text die Schlussfolgerung, dass folgende Regelung als Bestandteil der
Kurabgabensatzung zulässig sei:
Ein Aufenthalt nach §2 Abs. 1 Satz 1
liegt nicht vor bei Eltern, Kinder, Enkelkinder oder Geschwister von Personen,
die im Erhebungsgebiet ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, wenn sie ohne Vergütung in deren
häusliche Gemeinschaft aufgenommen sind, soweit der Aufenthalt
ausschließlich als Familienbesuch stattfindet.
Sollten die
Familienangehörigen jedoch die Kureinrichtungen der Seebäder nutzen, wären sie
kurabgabepflichtig.
Auf Antrag des
Kaiserbäderbündnisses wurde im vorgeschlagenen Änderungstext die Bedingung
gestrichen, dass die Befreiung nur Familienangehörigen zusteht, die in der
Wohnung Ihrer Angehörigen kostenlos unterkommen. Damit ist eine
Gleichbehandlung aller Familienangehörigen gewährleistet.
Nach dieser
Änderung wurde der so geänderten Satzung von beiden Ausschüssen (FA & EbA)
mehrheitlich zugestimmt.
Leider hat man vergessen, die Gemeindevertreter und Ausschussmitglieder darüber zu informieren, dass diese Regelung weiterhin ein rechtliches Risiko birgt.
Hier wird nämlich eine im Urteil zugelassenen Einzelfallprüfung von
Familienangehörigen zu Anlass und Dauer des Aufenthalts und tatsächlich in Anspruch
genommenen gemeindlichen Kureinrichtungen als allgemeingültige Regelung in die Kurabgabensatzung geschrieben.
Das ist juristisch anfechtbar. Sollte jemand gegen die Kurabgabensatzung klagen, ist davon auszugehen, dass diese neue Satzung wahrscheinlich keinen Bestand haben wird.
Es wäre klüger gewesen, keine derartige Regelung in die gemeindliche Kurabgabensatzung zu schreiben, dann hätte die Gemeinde generell davon ausgehen können, dass Familienangehörige, die keine Kureinrichtungen benutzen, nur aus familiären Gründen und nicht zu Erholungszwecken zu Besuch sind.