Eine Lärmschutzverordnung für die Gemeinde Ostseebad Heringsdorf

Ein Seeheilbad braucht ein wirksames Instrument, um Lärm begrenzen zu können

Motivation

Lärm schränkt die Lebensqualität vieler Menschen erheblich ein. Hauptursachen sind Kraftfahrzeuge, Eisenbahnen, Flugzeuge, aber auch Industrie- und Gewerbeanlagen, aber eine wichtige Rolle spielt auch der Freizeit- und Nachbarschaftslärm.

Hohe Lärmbelastungen verursachen nicht nur Störungen und Belästigungen, sie können auch zu relevanten Gesundheitsrisiken vor allem für das Herz-Kreislauf-System führen.

Beispiel: Kommerzialisierung der Erholungszonen

Die zunehmende Lärm-Belastung der Kur- und Erholungszone in den Kaiserbädern, nicht nur durch den starken KFZ-Verkehr, sondern auch eine Vielzahl von täglichen Events und Musikveranstaltungen, ist ein ernstzunehmendes Problem, das bereits auf großes Missfallen bei den Gästen und Einwohnern gestoßen ist.

Silvester

In den letzten Jahren steigerte sich z.B. die Party-Aktivitäten zu Silvester
von 3 auf 6 Tage, von Abendveranstaltungen zu ganztägigen Events.

  • Die Silvesterparties 2018 dauerten fünf Tage lang in den mehreren Festzelten am Strand mit einer Beschallung von vormittags bis in die späten Abendstunden.
  • Silvester 2019 waren es sogar 6 Tage am Strand in Bansin und Ahlbeck, an einigen Tagen bis weit nach Mitternacht.

An Ruhe und Erholung am Meer war in diesen Tagen nicht zu denken.

Die zunehmende Ausweitung des Party- und Eventbetriebs am Strand steht im krassen Widerspruch zu einem Tourismus-Konzept, das auf Ruhe und Erholung setzt. Einem Massentourismus á la „Ballermann“ muss eine klare Absage erteilt werden.

Eigenbetrieb und die Gemeinde können das Problem nur mit einer Lärmschutzverordnung in den Griff bekommen, mit klaren Regeln für eine zu definierende Kurzone (s. z.B. Lärmschutzverordnungen der ostfriesischen Inseln)

Qualitätsstandards für See-Heilbäder (Auszug aus der DTV / DHV -Broschüre, 2005)

Vorrang für Emissions-Vermeidung

  • Nach den allgemein anerkannten Prinzipien des Umwelt- und Naturschutzes ist in allen Heilbädern und Kurorten, Luftkurorten und Erholungsorten der Vermeidung von Schadstoff-Emissionen Priorität einzuräumen. Dies gilt insbesondere für den Kraftfahrzeugverkehr, der neben dem Hausbrand den höchsten Anteil und die gefährlichste Fraktion der anthropogenen Luftschadstoffe emittiert. Deshalb sind die Heilbäder und Kurorte, Luftkurorte und Erholungsorte gehalten, den Ort durch geeignete mittel- und langfristige Verkehrswegeplanung und Verkehrslenkung vom motorisierten Straßenverkehr zu entlasten.

Lärmschutz

  • (1) Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Lärmimmissionen auf Grund einer entsprechenden Bauleitplanung und anderer gemeinderechtlicher, wie übergeordneter immissionsschutzrechtlicher Vorschriften (gegebenenfalls auch in analoger Anwendung) zum Wohl der Patienten und Erholungsgäste auf ein verträgliches Mindestmaß beschränkt werden. Dies betrifft vor allem normalen Alltagslärm, Lärm durch Gewerbebetriebe und Baulärm. Im Kurgebiet sind besondere Vorkehrungen zu treffen, um die Mittags- und Nachtruhe der Kurgäste zu gewährleisten. Die Gemeinde hat bei Beschaffungen darauf zu achten, dass Geräte und Fahrzeuge dem neuesten Stand der Lärmschutztechnik entsprechen. Durch Nach- und Umrüstungen sind im Sinne eines ständigen Verbesserungsprozesses alle Möglichkeiten moderner Lärmschutztechnik zu nutzen.
  • (2) Mit Lärm verbundene Veranstaltungen sind dem Ruhebedürfnis der Gäste unterzuordnen.

Grundlage ist hier das Gesetz über die Anerkennung als Tourismusort und Erholungsgebiet in Mecklenburg-Vorpommern (Kurortgesetz).

Leider fehlt dem aktuellen Tourismuskonzept Kaiserbäder ein klares Bekenntnis zum Lärmschutz, Klimaschutz und nachhaltiger Mobilität.

Lärmschutzverordnung

Viele Kur- und Heilbäder haben sich eine Lärmschutzverordnung gegeben, die den Rahmen, den das Bundes-Immissionsschutzgesetz, die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung des Bundes und die MV-Freizeitlärmrichtlinie vorgeben, für die Gemeinde ausgestalten.

Was kann man regeln?

  • Geltungsbereich festlegen: Kurzone (sensibler Bereich) und das restliche Gemeindegebiet können unterschiedlich geregelt werden.
  • Lärm-Grenzwerte für die Kurzone in der Mittagszeit und nachts

Einzuschränkende Lärmquellen:

  • Baulärm (saisonale Beschränkungen)
  • Verkehrslärm (Einfahrverbote)
  • Hausarbeiten, Gartenarbeiten (Ruhezeiten)
  • Veranstaltungen (Musikveranstaltungen, Jahrmärkte, Motorsport auf der Ostsee im Badebereich, Ton- und Musikquellen (Ghettoblaster, etc.), Feuerwerke, etc.

Vorteile einer Lärmschutzverordnung

  • Erhöhte Urlaubsqualität
  • Schutz der Erholungssuchenden
  • Ungestörter Genuss des Naturparks Usedom
  • Lärmschutz, Klimaschutz und nachhaltige Mobilität als herausragender Markenwert

Begleitende Maßnahmen

  • Abgestimmtes maßvolles Veranstaltungsmanagement
  • Einrichtung von Fußgängerzonen
  • Reduzierung des Invidualverkehrs
  • Umstieg auf klimafreundliche Transportarten
  • Verbot privater Feuerwerke (Ein Kaiserbäder-Silvester-Feuerwerk)

Lärmschutzverordnungen in Kurorten:

  • Oberstdorf
  • Bad Füssing
  • Timmendorfer Strand
  • Norderney
  • Langeoog
  • Kühlungsborn

Informationsmaterial:

Lärmschutzverordnung Norderney
https://www.stadt-norderney.de/publish/binarydata/buergerservice/formulare/laermschutzverordnung-2018.pdf

Begriffsbestimmungen – Qualitätsstandards für die Prädikatisierung von Kurorten, Erholungsorten und Heilbrunnen
https://www.deutscher-heilbaederverband.de/fileadmin/user_upload/themen/PDF-Dateien/begriffsbestimmungen/begriffsbestimmungen-auflage-12-stand-30-10-2011.pdf

Lärmschutzbestimmungen für Kurorte
https://www.bundestag.de/resource/blob/415152/3289fa25531ed41d99c200728c20960e/wd-3-475-07-pdf-data.pdf

Unsere Gemeinde braucht ein integriertes Verkehrskonzept

Vorschläge für ein Verkehrskonzept der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf


Wie dringend ein solches Verkehrskonzept ist, hat sich mal wieder in der letzten Sitzung des TOV-Ausschusses gezeigt: Der Vorschlag der Verwaltung für einen verkehrsberuhigten Bereich am Ende der Delbrückstrasse wurde abgelehnt.
(OZ vom 18.07.20)

Motivation

Leitmotiv:

Das eigene Auto sollte es für die Dauer des Urlaubs nicht mehr benutzt werden müssen!

Der massive touristische aber auch gewerbliche Individualverkehr in der Gemeinde Heringsdorf mindert dramatisch die Erholungsqualität im Seeheilbad. Die Auswirkungen auf die Luftverschmutzung, Lärmbelästigung und Mobilität sind inzwischen gravierend.

Eine klare Strategie und die Ausarbeitung eines Konzeptes zur Vermeidung von Individualverkehr sind nötig, um diesen negativen Auswirkungen entgegenzusteuern.

Dieser Verkehrsinfarkt ist nicht nur ein Problem dieser Gemeinde, sondern der ganzen Insel. Aber jede Gemeinde kann ihren Teil zu einer Gesamtlösung beitragen.

Brennpunkte:

Regelmäßiger Verkehrskollaps:

  • Anreisetage
  • Großveranstaltungen
  • Kein Strandwetter
  • Lokaler Grenzverkehr

Eine Zusammenarbeit mit Swinemünde ist zu diesem Thema zwingend notwendig.

Um den Urlauber dazu zu bewegen, auf sein Auto zu verzichten sind eine Reihe von Maßnahmen nötig, die sowohl ein attraktives Angebot für ihn enthalten, also auch den sanften Zwang, sein Verhalten zu ändern.

Markenwert ‚Autofrei‘ etablieren!

Maßnahmen:

  1. Durchgehendes touristisches Mobilitätskonzept:
    • Umstieg von Flugzeug und Bahn auf umweltfreundliche Transportmittel (eShuttle, eCar, eBike, Fahrrad-Kutschen, etc.)
    • Verkehrsleitsystem, Alternativrouten, Umstieg auf andere Verkehrsmittel
    • Sammelparkplätze am Ortsrand mit eShuttle zum Hotel und FeWo
    • eShuttle-Service (Kleinbusse) zu allen touristischen Attraktionen
    • eCar-Sharing-Angebote, eBike-Verleih im ganzen Ort
    • Kostenlose Nutzung mit der Kurkarte
  • Verkehrsberuhigung durch dedizierte Verkehrsführung vor Ort
    • Begrenzung und Regelung der Zufahrtskapazitäten (Dynamisches Verkehrslenkungssystem)
    • Konsequente Unterbindung von Schleichwegen (parallel zur Hauptstraße)
    • Leistungsfähiges Fahrradwegenetz (z.B. Fahrradstraßen, Öffnung der Einbahnstraßen für den Fahrradverkehr)
    • Einrichtung von verkehrsfreien Zonen (Fußgängerzonen für die touristischen Hotspots)
    • Tonnagebeschränkungen für LKWs
    • Bessere Kennzeichnung und Kontrolle der 30er-Bereiche
  • Verstetigung des Verkehrs auf Bundes- und Landesstrasse (Grüne Welle)
    • Keine bedarfsabhängigen Ampeln
    • Kreuzungsfreie Querungen für Fußgänger und Radfahrer
    • Elektronisches Parkleitsystem
  • Umstellung der gewerblichen Fahrzeuge und Busse (UBB, Zulieferer, Dienstleister, Handwerksbetriebe) auf elektrische Fahrzeuge
    • Kaiserbäderbahn fährt elektrisch
    • Kommunale Fahrzeuge fahren elektrisch

Beispiele autofreier Urlaubsinseln in Deutschland:

  • Baltrum
  • Juist
  • Insel Hiddensee
  • Langeoog
  • Neuwerk
  • Spiekeroog
  • Wangerooge
  • Helgoland

Informationsmaterial:

Integriertes Verkehrsentwicklungs-konzept Usedom-Wollin 2015
https://repository.difu.de/jspui/bitstream/difu/125976/1/DB0319.pdf

INMOD – Revitalisierung des ÖPNV im ländlichen Raum – Intermodal und elektrisch betrieben – Schlussbericht
http://komob.de/wp-content/uploads/2017/01/inmod_Schlussbericht.pdf