Wählergemeinschaft für die Gemeinde Heringsdorf und Umland
Monat: April 2020
Veröffentlicht am
Kommunalparlamente müssen wieder öffentlich tagen!
Unsere Eingaben bei der Kommunalaufsicht, beim Landrat und dem Innenministerium haben offensichtlich Wirkung gezeigt. Am 28.04.2020 hat der Innenminister bekannt gegeben, dass die Ausnahmegenehmigung zum Umlaufverfahren am 19.4. ausgelaufen ist und die Selbstverwaltungsorgane der Kommunen unter Einhaltung der Hygieneregeln wieder öffentlich tagen dürfen.
Nach den geltenden Verordnungen ist es erlaubt, Präsenzsitzungen der kommunalen Selbstverwaltungsorgane unter den gegebenen Sicherheitsauflagen abzuhalten.
„‘Es ist nicht die Bürgermeisterin, sondern das
Infektionsschutzgesetz mit den Verordnungen der Landesregierung, die die
‚gemeindliche Selbstverwaltung in Quarantäne versetzt‘ haben‘, so die
Bürgermeisterin, die auf die Kommunalaufsicht verweist“
Wir haben mal nachgefragt und recherchiert:
Hr. Jörg Hochheim, Leiter
der Kommunalabteilung bei Ministerium für Inneres und Europa des Landes
Mecklenburg-Vorpommern, sagt dazu ganz
eindeutig, dass Präsenzsitzungen der kommunalen
Selbstverwaltungsorgane unter den gegebenen Sicherheitsauflagen abgehalten
werden können.
„§ 6 Absatz 1 Satz 1 SARS-CoV-2-BekämpfV bestimmt, dass öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen, Ansammlungen und Versammlungen untersagt sind, soweit die folgenden Absätze nichts anderes bestimmen. In § 6 Absatz 6 der Verordnung ist geregelt, dass das Selbstorganisationsrecht des Landtags und der kommunalen Vertretungskörperschaften und sonstiger Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts… unberührt bleibt. § 5a Absatz 1 Satz 1 der SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung Mecklenburg-Vorpommern wahrt in Verbindung mit § 6 Absatz 6 daher die kommunale Selbstverwaltung und legt die Entscheidung über die absolute Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit von Sitzungen in das alleinige Ermessen der jeweiligen kommunalen Vertretungskörperschaft selbst. Die kommunale Selbstverwaltung in Bezug auf § 5a Absatz 1 Satz 1 SARS-CoV-2-findet allerdings ihre Grenzen in der in den § 5a Absatz 1 Satz 2 und 3 SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung geregelten Verpflichtung, die Hygieneempfehlungen sowohl des Robert-Koch-Instituts als auch des LAGuS M-V, einschließlich der Einhaltung des Abstandes zwischen den an den Sitzungen teilnehmenden Personen von mindestens 2 Metern, einzuhalten.“ „Das Umlaufverfahren ist ja nicht als Sitzungsersatz gedacht, sondern als in Corona-Zeiten sinnvolle Ergänzung, um einerseits unnötige Sitzungen zu vermeiden und andererseits wichtige Angelegenheiten nicht ausschließlich vom Bürgermeister/Landrat im Rahmen von Dringlichkeitsentscheidungen entscheiden lassen zu müssen.“ (Quelle: Facebook vom 19.4.20)
Klaus-Michael Glaser, Städte- und Gemeindetag, Referat III: Rechtsangelegenheiten, Ordnung und Sicherheit, E-Government, hält die Weisung des Landkreises für rechtswidrig und verweist auf den Widerspruch zu § 8 Absatz 6 der Anti-Corona-VO MV:
Das
Selbstorganisationsrecht des Landtags und der kommunalen
Vertretungskörperschaften und sonstiger Körperschaften, Stiftungen und
Anstalten des öffentlichen Rechts sowie die Tätigkeit der Gerichte bleiben unberührt.
Es besteht aber bereits jetzt nach Auffassung des Städte- und Gemeindetages die Möglichkeit, Sitzungen der gemeindlichen Gremien unter Einhaltung der hygienischen Bestimmungen und der Mindestabstände jederzeit durchzuführen unter Bezug auf den bereits genannten § 8 Absatz 6 der Anti-Corona-VO MV. (Quelle: Auskunft an Jürgen Merkle, GV)
Axel Vogt,
RA und BM in Lubmin, lässt die
Gemeindevertretung und die Ausschüsse weiter tagen, natürlich unter den
gegebenen Sicherheitsauflagen. Öffentlichkeit ist nur insoweit eingeschränkt,
dass es nur begrenzte Plätze für Zuhörer gibt.
„Lubmin hat dem Umlaufverfahren nicht zugestimmt. Die Kommunalverfassung MV enthält keine Ermächtigungsgrundlage, um unter den Normen des Standarderprobungsgesetzes solche Beschlüsse zuzulassen. Das Gesetz selbst enthält keine Öffnungsklausel und es verfolgt eine völlig andere Zielrichtung. Der richtige Weg wäre eine Änderung der Kommunalverfassung durch den Landtag MV. Da Sitzungen der kommunalen Vertretungskörperschaften zurzeit nicht ausgeschlossen sind, können diese im Rahmen des Notwendigen und unter Beachtung aller Infektionsschutzvorschriften weiterhin stattfinden. Im Mai tagt bei uns der Haupt- und Finanzausschuss und wir haben im Industriehafen Lubmin eine Versammlung des Zweckverbandes.“ (Quelle: Facebook vom 21.4.20)
Alle Selbstverwaltungsgremien der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf sind stillgelegt.
Wir machen uns Sorgen um die
Gemeinde, deren politische Gremien z.Zt. in Quarantäne geschickt sind.
Da Sitzungen der GV, HA und der
beratenden Ausschüsse von der BM Frau Marisken abgesagt sind, handelt die BM
und ihre Verwaltung praktisch ohne demokratische Kontrolle.
Verschärft wird die Situation
dadurch, dass die BM die GVs und die Öffentlichkeit nicht über die Arbeit der
Verwaltung informiert.
Die BM und auch der
GV-Vorsitzende Hr. Saupe haben es bisher nicht für nötig befunden, Sitzungen
mit genügenden Sicherheitsabständen zu organisieren oder ersatzweise
ausreichende Kommunikationsstrukturen (z.B. Videokonferenzen) aufzusetzen, um die
notwendige politische Willensbildung zu ermöglichen.
Das Einzige was stattfinden
soll, sind Umlaufverfahren, die bekanntermaßen kein geeignetes Instrument zur
politischen Willensbildung sind.
In diesen Verfahren stimmen
die GVs auf der Basis von Email-Vorlagen, ohne einen direkten Dialog mit der
Verwaltung und ohne gemeinsame Erörterung ab.
Ein komplettes Lahmlegen der
gemeindlichen Selbstverwaltung ist selbst unter den derzeitigen Einschränkungen
durch die Pandemie unangemessen und völlig überzogen.
Wir rufen die BM, Frau
Marisken, und den GV-Vorsitzenden Hrn. Saupe auf, die Quarantäne der Demokratie
zu beenden und die GV, HA und weitere wichtige Ausschüsse wieder tagen zu
lassen, sowie die Öffentlichkeit regelmäßig zu informieren.